Schlagwort: LABA

KAW // BRANDES

Am 12. Juni 1866 wurde Alwin Brandes in Großschönau geboren. In der Weimarer Republik war der Oberlausitzer „einer der mächtigsten Gewerkschaftsführer der Welt“ (Dr. Stefan Heinz) & gehörte kurze Zeit später zu den bedeutendsten gewerkschaftlichen Widerstandskämpfern gegen das NS-Regime.

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Die Braunkohle & die Lausitz. Keine andere Industrie hinterlässt so tiefgreifende Spuren, wie die der Kohlegewinnung. Aufschwung, Arbeit, Verlust, Sorge, Chancen – das alles verbinden die Menschen mit den Revieren am östlichen Rand der Republik. Es war uns deswegen wichtig, ein Zeugnis jener Zeit auf ein LABA-Textil zu bringen.

Kohlenaufgabewagen mit Walzenbrechwerk
Stiftung Kraftwerk Hirschfelde
(Deutsche Fotothek | CC BY-SA 4.0 Deed)

1940 wurde die Zeichnung „Kohlenaufgabewagen mit Walzenbrechwerk“ (KAW) im Maßstab 1:10 von der Maschinenfabrik Buckau R. Wolf in Magdeburg für das Kraftwerk Hirschfelde (bei Zittau) angefertigt. Dieser KAW diente, laut Aussage des Deutschen Bergbau-Museums Bochum, wohl zur Aufbereitung der Braunkohle bzw. deren Zerkleinerung. Konkret: „Der Kohlenaufgabewagen mit Walzenbrechwerk dürfte im Kraftwerk Hirschfelde zur Beschickung der Kohlebunker mit vorzerkleinerter Kohle eingesetzt worden sein“, so Prof. Lieberwirth, von der TU Freiberg.
Ob dieser Wagen tatsächlich je in Betrieb war, lässt sich aus den Archivakten & den geführten Gesprächen nicht entnehmen.

Das Kraftwerk in Hirschfelde zählte zu den Großkraftwerken in Sachsen. Von 1911 bis 1992 lieferte die Anlage 71.300.000 MWh Strom. Die Braunkohle, die vermutlich auch durch den KAW bearbeitet wurde, stammte u.a. aus den Tagebauen Turów, Olbersdorf & Berzdorf (b. Görlitz). 1992 wurde das Kraftwerk aus wirtschaftlichen Gründen stillgelegt.

Heute kümmert sich die Stiftung Kraftwerk Hirschfelde um das industriegeschichtliche Erbe des Energiestandorts Hirschfelde. Das Archiv der Stiftung war es auch, die uns den Zugang zu der Technischen Zeichnung ermöglichte.

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Zugegeben, wir hatten Bauchschmerzen bei der Verwendung dieses KAW-Motivs. Denn: Die Zeichnung wurde 1940 von einer Deutschen Maschinenfabrik während des Nationalsozialismus erstellt – also eben jener Zeit, in der mit ziemlicher Sicherheit Zwangsarbeiterinnen & Zwangsarbeiter für die Produktion eingesetzt & ausgebeutet wurden. Viele Unternehmen machten sich dabei zum Handlanger dieses NS-Terrorsystems. So auch die Magdeburger Firma Buckau R. Wolf.

„Viele der Zwangsarbeiter kamen aufgrund der schlechten Arbeits- und Lebensbedingungen ums Leben. Die Arbeitszeiten der ausländischen aber auch der deutschen Arbeiter umfassten wöchentlich 60 Arbeitsstunden. (…) Im Juli 1944 arbeiteten 5827 Menschen in den Stammbetrieben des Unternehmens. Davon waren 1442 Kriegsgefangene und 967 ausländische Zwangsarbeiter.“

Wikipedia-Artikel zur Maschinenfabrik Buckau R. Wolf

Mit der Verwendung des KAW wollen wir die Aufmerksamkeit auf Schicksale eben jener Menschen richten, die versklavt & umgebracht wurden. Einige dieser Menschen leisteten nicht nur Zwangsarbeit, nein, sie leisteten aktiv Widerstand gegen das System der lebensbedrohenden Ausbeutung.

„Trotz Repression, Denunziation, Orientierungslosigkeit und der verheerenden Lebensbedingungen in der besetzten und ausgeplünderten Heimat versuchten Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter immer wieder zu fliehen; auch gab es Ansätze zu Widerstand und Sabotage.“

zwangsarbeit-archiv.de

„Als Sabotage wurde im NS alles gewertet, was die Arbeitsproduktivität gefährdete: die sog. ‚Bummelei‘ (also angeblich absichtliches langsames Arbeiten); auch gab es gezielte Zerstörung von Maschinen oder Material. Als Sabotage galten auch einfache Bedienungsfehler aus Erschöpfung oder Unwissenheit (z.B. wenn beim Säubern oder Wechseln ein Bohrer brach). Andere verweigerten bewusst die Arbeit (privater Streik). Häufiges Kranksein werteten die Nazis auch als Sabotage, genauso ein Streit mit dem Vorarbeiter oder Meister.

Zeitzeuginnen und Zeitzeugen berichten, dass sie die Maschinen, an denen sie arbeiteten anhielten, wenn niemand zugeschaut hat; sie stanzten Bleche z.B. für Patronenhülsen an der falschen Stelle; produzierten absichtlich Ausschuss; andere befüllten die Munition für Waffen nicht richtig oder zerstörten/manipulierten den Zünder, damit diese nicht explodieren konnten; Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter sortierten bei der Kontrolle von Material am Fließband nicht nur Ausschussware aus, sondern auch gute Ware.“

Iris Hax, Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit

„Mit Protest und Regelverstoß, Flucht und Sabotage versuchten viele der zur Arbeit für den Feind Verschleppten, diesem Feind zu schaden und ihre eigene Würde zu bewahren. Trotz ihrer großen Zahl konnten die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter das nationalsozialistische Regime zu keiner Zeit ernsthaft bedrohen – der ausländische war letztlich ebenso machtlos wie der deutsche Widerstand.

Für die Akteure selbst waren auch kleine Akte der Selbstbehauptung eine wichtige Hilfe zum Überleben.“

Dr. Cord Pagenstecher

Nach unseren Recherchen im Landesarchiv Sachsen-Anhalt, haben sich explizit im Magdeburger Werk Buckau R. Wolf, in der die KAW-Zeichnung angefertigt wurde, keine Widerstandshandlungen / Sabotageakte ereignet.

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Als Alwin Brandes Großschönau mit seinen Eltern verließ, gab es im nahegelegen Hirschfelde noch kein Großkraftwerk. Und auch der NS-Staat war noch rund 70 Jahre entfernt. Was es allerdings in Magdeburg – seiner neue Heimat – zahlreich gab: Metallbaubetriebe, denen der gelernte Schlosser & Maschinenbauer seine Arbeitskraft anbieten konnte. Ob die Firma Buckau R. Wolf auch darunter war, kann nicht ausgeschlossen werden. In jedem Falle aber, lernten die Wolf-Arbeiter Alwin Brandes bald sehr gut kennen & – aufgrund seiner Gewerkschaftsarbeit – schätzen.

Alwin Brandes
Foto: AdsD/Friedrich-Ebert-Stiftung
Signatur: 6/FOTA030948

Im Jahr 1890 trat Brandes der SPD und 1894 dem Deutschen Metallarbeiterverband (DMV) bei. 1900 wurde der markante Gewerkschafter Geschäftsführer des DMV in Magdeburg & 1912 erstmals als Abgeordneter in den Reichstag gewählt. 1917 wurde er Mitglied der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) & im Oktober 1919 zu einem der drei Vorsitzenden des DMV gewählt. Zu dieser Zeit zählte die Gewerkschaft 500.000 Mitglieder und war so die größte Einzelgewerkschaft der Welt. Ab 1926 bekleidete Brandes das Amt des DMV-Vorsitzenden defacto alleinig – und so war der gebürtige Oberländer, der sich vehement für die Demokratische Mitbestimmung der Beschäftigten, die Überführung der Schlüsselindustrien in Gemeineigentum & die Einführung der Arbeitslosenversicherung (1927) einsetzte, einer der mächtigsten Gewerkschafter dieses Planeten.

Der DMV wurde am 2. Mai 1933 von den Nationalsozialisten zerschlagen. Brandes war seit dieser Zeit Kopf der DMV-Widerstandsgruppe (1933 bis 36) – ein Netzwerk, mit über 800 ehemaligen Gewerkschaftern im Deutschen Reich – sowie Mitglied der „Illegalen Reichsleitung“ der Gewerkschaften.

Brandes organisierte die internationale Vernetzung mit anderen Arbeitervertretungen, erstellte Berichte über Korruption / Unterschlagungen in den Betrieben, sammelte Informationen über Kriegsvorbereitung des NS-Staats, verbreitete verbotene Literatur & sammelte schließlich Geld für Familien inhaftierter Gewerkschafter.

1935 wurde er in das KZ Sachsenburg überstellt & blieb bis 1937 in Schutzhaft. Auch die Zeit nach seiner Haft nutzte der Sozialdemokrat für die Aufrechterhaltung des gewerkschaftlichen Widerstands. So entstand u.a. der Kontakt zu Wilhelm Leuschner, & somit zu der Gruppe, die das Attentat am 20. Juli 1944 auf Adolf Hitler plante & durchführte. Nach dem Umsturz des NS-Regimes, sollte Brandes Ehrenvorsitzender der „deutschen Einheitsgewerkschaft“ werden. Dazu kam es nicht.

Brandes überlebte die Nazi-Diktatur und lebte bis zu seinem Tode in Ost-Berlin. In seinen letzten Lebensjahren versuchte der geradlinige Oberlausitzer in der SBZ/DDR eine Metallgewerkschaft neben der durch die SED kontrollierten Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB) zu etablieren.

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Mit dem Kohleaufgabenwagen wollen wir nicht nur das Licht auf die Lausitzer Kohle & ihre Industriekultur drehen. Wollen nicht nur auf den Politiker & Gewerkschafter Alwin Brandes aufmerksam machen, der im Textildorf Großschönau geboren wurde.

Wir wollen diesen KAW mit dem Gedenken an all jene aufladen, die sich, trotz größter Gefahr für Leib & Leben, gegen den Nazi-Terror stellten. Im Persönlichen, wie auch im größtmöglich politischen Kontext. Eben jenen standhaften Menschen ist der KAW gewidmet.

IN GEDENKEN AN DIE MENSCHEN,
DIE WIDERSTAND GEGEN DEN NATIONALSOZIALISMUS LEISTETEN

Wir möchten uns herzlich bei allen Personen bedanken, die uns bei dem KAW-Projekt geholfen & ermutigt haben. Hier möchten wir nennen: Anja Nixdorf-Munkwitz, Dr. Stefan Heinz, Dr. Cord Pagenstecher, Iris Hax, Dr. Stefan Siemer, Dirk Storm & Daniel Breutmann. Danke an die Stiftung Kraftwerk Hirschfelde, Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit, Friedrich-Ebert-Stiftung, Stadtarchiv Magdeburg, Landesarchiv Sachsen-Anhalt & goerlitz21 e.V.

Quellen:

Siegfried Mielke, Stefan Heinz: Alwin Brandes (1866–1949) : Oppositioneller, Reformer, Widerstandskämpfer. Metropol Verlag, 2019

Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit: Alltag Zwangsarbeit 1938-1945. 2016

Hans Coppi & Stefan Heinz (Hrsg.): Der vergessene Widerstand der Arbeiter : Gewerkschafter, Kommunisten, Sozialdemokraten, Trotzkisten, Anarchisten und Zwangsarbeiter. Karl Dietz Verlag, 2011

Siegfried Mielke, Günter Morsch (Hrsg.): „Seid wachsam, dass über Deutschland nie wieder die Nacht hereinbricht.“ : Gewerkschafter in Konzentrationslagern 1933 – 1945. Metropol Verlag, 2011

Links:

https://www.industrie-geschichte-lausitz.de/

https://www.bergbaumuseum.de/

https://kraftwerk-hirschfelde.de/

https://www.ns-zwangsarbeit.de/

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Am 12. Juni 1866 wurde Alwin Brandes in Großschönau geboren. In der Weimarer Republik war der Oberlausitzer „einer der mächtigsten Gewerkschaftsführer der Welt“ (Dr. Stefan Heinz) & gehörte kurze Zeit später zu den bedeutendsten gewerkschaftlichen Widerstandskämpfern gegen das NS-Regime. //// Die Braunkohle & die Lausitz. Keine andere Industrie hinterlässt so tiefgreifende Spuren, wie die der…

MONIKA // KRAWCEC

Ahoj,
jmenuji se Monika. Je mi 27 let a bydlím ve Varnsdorfu.

Mám ráda své malé město na severním okraji Československa. Ale i přes
tento pocit spokojenosti se cítím zdrcena netolerancí některých mých
vrstevníků, kteří zde žijí.

Jak ráda bych byla v Praze, ještě k tomu teď na jaře.
Dobře, dobře. Musím se vrátit do práce.

Brzy se uvidíme. Ahoj!*

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Hallo,
ich heiße Monika, bin 27 Jahre und wohne in Varnsdorf.
Mir gefällt meine kleine Stadt am nördlichen Rand der Tschechoslowakei.
Aber trotz dieser lieblichen Geborgenheit, fühle ich mich gleichsam erdrückt von der Intoleranz einiger hier lebenden Zeitgenossen.

Wie gerne wäre ich doch in Prag. Mit dabei beim Frühling.
Nun ja. Ich muss wieder zur Arbeit.

Auf bald. Tschüß.

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Ob Monika in Varnsdorf lebte oder in einer nahegelegenen Ortschaft oder ganz woanders, ob sie 27 Jahre alt war, oder ob sie gerne in Prag leben würde – all das wissen wir nicht.

Auch ist nicht bekannt, wann genau Hanka Krawcec (*13.03.1901 in Dresden, † 19.10.1990 in Filipowje) diesen Linolschnitt schuf. Josef Rybánský vom Stadtmuseum Varnsdorf schätzt das Werk auf die 1960/70er Jahre.

Was klar ist: Hanka Krawcec war die erste professionelle sorbische bildende Künstlerin – Grafikerin, Malerin & Portraitmalerin. Nach ihrer Flucht aus dem zerbombten Berlin, landete die Absolventin der Kunstgewerbeschule (Prag) mit ihrer Familie im böhmischen Varnsdorf. Dort lebte und arbeitete sie von 1947 bis 1986.

1921 war Krawcec Mitbegründerin des Kreises sorbischer bildender Künstler. Nach dem Krieg arbeitete sie für die Domowina in Budyšin-Bautzen. Hier schuf Krawcec das bis heute gültige Emblem des Bunds der Lausitzer Sorben (Domowina).

Wir sind sehr stolz, dass wir, nach drei Männern (Warnecke, Sinkwitz, Wüsten), nun endlich eine so bedeutende Künstlerin verlegen können – oder besser: dürfen.

In diesem Zusammenhang möchten wir uns sehr für die Quellen-Recherche bei Jurij Wuschansky, ehem. Vorsitzender der Maćica Serbska, der Direktorin des Sorbischen Museums, Christina Boguszowa sowie bei Josef Rybánský vom Stadtmuseum Varnsdorf bedanken. In beiden letztgenannten Einrichtungen können zahlreiche Krawcec-Werke besichtigt werden.

Ach so. Und ein herzliches Dankeschön an unsere Anwältin Anja Przybilla.

Literatur:

LABA: Der Fall „Monika“, 2022 f.

Milan Hrabal: Hanka Krawcec, 2001

Muzeum Varnsdorf: Hanka Krawcec, 2018

Stadt Varnsdorf: Bedeutende Persönlichkeiten : Hanka Krawcec

*Übersetzung: Leonie Liemich

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PUMPHUT // SINKWITZ

Ein kräftiger Müllerbursche soll er gewesen sein. Einer, der sich auf Wanderschaft begab, um in vielen Mühlen der Oberlausitz seine Arbeitskraft anzubieten. Wurde dieser Geselle von den Müllern gut behandelt – bekam er Essen, Lohn und eine warme Unterkunft, passierte: nichts. Wurde ihm allerdings eben jene Vergütung verwehrt, konnte es sehr ungemütlich werden für den Mühlenwirt. Plötzlich stehengebliebenes Mahlwerk, ungenießbares Getreide oder löchrige Mehlsäcke. Der in früher Kindheit von einer Ringelnatter beleckte Martin Pumphut (Obersorbisch: Pumpot) ließ nicht mit sich spaßen.

Neben Krabat handelt es sich beim Pumphut um eine zentrale Sagengestalt der Lausitz (ebenso bekannt ist P. im Vogtland, in Mecklenburg und in Westfalen). In vielerlei Hinsicht wurde der in Spohla bei Hoyerswerda geborene und mit einem voluminösen Hut ausgestattete Hexenmeister künstlerisch interpretiert und in Szene gesetzt.

So zum Beispiel von Paul Sinkwitz (* 29. März 1899 in Ebersbach; † 15. Juli 1981 in Bad Tölz). Auf einem stattlichen Heupferd sitzend, überfliegt Pumphut das Hügelland zwischen Bautzen und Zittau – vielleicht auf der Suche nach einer weiteren Mühle? 1928 schnitt Sinkwitz dieses wundervolle Bildnis in Holz und hiterließ damit eine weitere Spielart des neckisch anmutenden Hexenmeisters.

Der gebürtige Oberländer gilt als einer der „vielseitigsten Künstler seiner Zeit und als herausragender Vertreter der Werkkunst. Er schuf zahlreiche Holzschnitte zum Brauchtum und zur Sagenwelt der Oberlausitz, Buchillustrationen, Zyklen zu biblischen Stoffen (…) sowie bekannte Plakate.“ Als Dozent war Sinkwitz unter anderem an der Staatlichen Kunsthochschule Dresden sowie an der Fach- und Meisterschule Stuttgart tätig. Weil er sich für rassisch und politisch Verfolgte einsetzte, galt er während der NS-Zeit als „politisch unbelehrbar“. Für sein Lebenswerk erhielt er 1980 das Bundesverdienstkreuz.

Es erfüllt uns mit wahrer Freude, dass wir nun so einen bedeutenden Künstler verlegen dürfen. Hierfür möchten wir uns herzlich bei Frau Sinkwitz-Schau bedanken. Ein weiterer Dank geht an die freundlichen Mitarbeiterinnen des Landratsamtes Görlitz, ohne die dieses Projekt nicht zustande gekommen wäre.

Paul Sinkwitz über das Holzschneiden:

„Der Holzschnitt ist die älteste Kunstform unter den graphischen Künsten. Und so paradox es klingen mag, ist doch der Holzschnitt gleichzeitig auch die modernste Art der Graphik.“

Literaturtipps:

Hose, Susanne: Erzählen über Krabat: Märchen, Mythos und Magie. Bautzen: Lusatia Verl., 2013. 271 Seiten mit zahlreichen Grafiken & Bildern

Richter, Karin: Streifzüge durch die Oberlausitz. Zittau, OT Dittelsdorf : Oberlausitzer Verlag, 2018. 281 Seiten & reichlich bebildert

Sinkwitz, Paul: Das christliche in der Kunst von Paul Sinkwitz. Zittau: Zentrum für Oberlausitzer Heimatpflege, 1999. 15 Seiten

Sinkwitz, Paul: Und wenn ich tausend Taler hätt‘ ein Holzschnittbuch aus deutschem Volkstum. Kassel : Bärenreiter-Verlag, 1936. 18 Seiten

Sinkwitz, Paul: Werkkunst im XX. Jahrhundert : Schriftkünstler, Maler und Grafiker. Dresden: Verlag der Kunst, 2002. 149 Seiten

Sorbisches Kulturlexikon / [ein Projekt des Sorbischen Instituts]. Hrsg. von Franz Schön und Dietrich Scholze. Unter Mitarb. von Susanne Hose. Bautzen : Domowina-Verl., 2014. 579 Seiten

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Ein kräftiger Müllerbursche soll er gewesen sein. Einer, der sich auf Wanderschaft begab, um in vielen Mühlen der Oberlausitz seine Arbeitskraft anzubieten. Wurde dieser Geselle von den Müllern gut behandelt – bekam er Essen, Lohn und eine warme Unterkunft, passierte: nichts. Wurde ihm allerdings eben jene Vergütung verwehrt, konnte es sehr ungemütlich werden für den…

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RÜBEZAHL // WÜSTEN

„Denn Freund Rübezahl sollt ihr wissen, ist geartet wie ein Kraftgenie, launisch, ungestüm, sonderbar; bengelhaft, roh, unbescheiden; stolz, eitel, wankelmüthig, heute der wärmste Freund, morgen fremd und kalt; zu zeiten guthmüthig, edel, und empfindsam; aber mit sich selbst in stetem Widerspruch; albern und weise, oft weich und hart in zween Augenblicken, wie ein Ey, das in siedend Wasser fällt; schalkhaft und bieder, störrisch und beugsam; nach der Stimmung, wie ihn Humor und innrer Drang beym ersten Anblick jedes Ding ergreifen läßt.“

Quelle: Musäus, Volksmährchen der Deutschen. Zweiter Theil enthaltend Legenden von Rübezahl, 1783

RÜBEZAHL. OH RÜBEZAHL! Was diese Menschen nicht alles über Dich schreiben. Doch so wirst Du wohl sein, Du feiner Berggeist, aus dem Riesengebirge. Noch von Görlitz aus können wir Dich erkennen, wenn Du mal wieder die Wolken an Deinen Hängen stoppen lässt, um wagemutige Besucher Deines Reiches zu verwirren. Doch dann, sogleich, scheint die Sonne auf die schneebedeckten Klippen – ein Kind muss gefunden werden. Bleib ruhig so, lieber Rübezahl.

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Krakonoš (Tschechisch), Liczyrzepa (Polnisch) oder eben Rübezahl ist so ziemlich die alles umgreifende Sagengestalt des Riesengebirges. Unzählige Geschichten umgeben diese Figur, die mal Schlange, mal Baum, mal Wolf oder mal Mensch sein kann.

Selbstbildnis 1930

Wie dieser Rübezahl als eben jener Mensch aussehen könnte, darüber hat sich wohl auch Johannes Wüsten (* 4. Oktober 1896 in Heidelberg; † 26. April 1943 in Brandenburg a.d. Havel) so seine Gedanken gemacht. Sein Kupferstich aus dem Jahr 1931 strotzt nur so von einer gönnerhaften Gutmütigkeit, die den Rübezahl denken lässt: „Ich hab‘ Dich im Visier, Freundchen.“

Im gleichnamigen Roman schrieb Wüsten 1939, der ein Jahr nach seiner Geburt mit seiner Familie von Heidelberg nach Görlitz zog:

„Im ‚Rübezahl‘ soll alles Geschehen auf festem historischem Fundament stehen und doch nichts von der schönen, starken und oft ergreifenden Sage des Berggeistes aufgegeben werden. Die hungernden Weber des Riesengebirges sind ein Stück ihrer Berge, der gute Geist Rübezahl ist ihr eigener Geist, sie wissen es nur anfangs noch nicht.“

Kurt Tucholsky schrieb 1932 in der „Weltbühne“ über den Expressionisten Wüsten, der die „Hamburgische Sezession“ mitbegründete: „Der Mann verdient bekannter zu sein, als er ist – in dem steckt etwas.“
Nach seiner Flucht aus dem faschistischen Deutschland, verkehrte Wüsten mit Anna Seghers (Paris) und Ernst Bloch (Prag) und schrieb bzw. zeichnete aus dem Exil für unterschiedliche Zeitschriften, die im Deutschen Reich (u.a. A-I-Z) verboten waren.

Nachdem ihm der Volksgerichtshof in Berlin seine künstlerischen Tätigkeiten als „Vorbereitung zum Hochverrat“ auslegte, wurde Wüsten zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Er starb kurze Zeit später im Gefängnis Brandenburg an offener Tuberkulose.

Dass wir heute, zum 125. Wüsten-Geburtstag, so einen bedeutenden Künstler verlegen dürfen, erfüllt uns mit großem Stolz. Über Wüsten, nach dem in Görlitz eine Straße benannt ist, ließe sich natürlich noch weitaus mehr berichten. Schau deswegen gerne in die unten aufgeführten Quellen – es lohnt sich sehr.

Johannes Wüsten über das Kupferstechen:

„Die Suche nach der Linie nun findet im Kupferstich ihre schlechthin vollkommene Ausdrucksform.“

Literaturtipps:

Hauptmann, Carl: Rübezahl-Buch. Würzburg: Bergstadtverl., 2003. 147 Seiten

Sächsische Zeitung: Wüsten-Sammlung im Görlitzer Museum wächst. 2021

Wüsten, Johannes: Leben und Kunst : Ausstellung im Heidelberger Kunstverein 22. Dezember 1996 – 26. Januar 1997. Heidelberg : Kehrer, 1996. 190 Seiten

Wüsten, Johannes: Rübezahl : historischer Roman. Dresden : Neisse-Verlag, 2013. 440 Seiten

Wüsten, Johannes: Biographie, Werk & Wirken.

Seminartipp:

Brücke/Most-Stiftung; riesa efau; Treibhaus e.V. Döbeln; Hochschule Mittweida: Rübezahl hat Bauchweh. Deutsch-polnische Migrationsgeschichte(n). Reiseseminar nach Wrocław, ins Riesengebirge und Görlitz

Filmtipp:

Rübezahls Schatz : Inspiriert von Geschichten um den Berggeist des Riesengebirges. ZDF, 2021. 80 Minuten

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